Land Berlin zahlt 4.000 Euro Prozesskosten an SoftwareFair

Das Land Berlin muss rund 4.000 Euro Prozesskosten an zwei Vertreter von SoftwareFair bezahlen, denen die Staatsanwaltschaft irrtümlich Urheberrechtsverletzungen zum Nachteil von Microsoft vorgeworfen hatte. Das ergibt sich aus dem Urteil 246 Js 340/18 des Amtsgerichts Tiergarten, das Sie HIER verlinkt finden. Die Entscheidung fiel am 16. Juni 2023. Sie ist seit dem 26. Juni 2023 rechtskräftig.

Auslöser des neun Jahre dauernden Strafverfahrens war ein im Jahr 2014 erschienener Artikel in der Computerfachzeitschrift „c’t“, der SoftwareFair in einem Atemzug mit der Firma „PC Fritz“ nannte, die vom umtriebigen Werbe-Exzentriker Maik Mahlow mit Prominenten wie Oliver Pocher und Giovanni Zarrella zu hoher Bekanntheit gebracht wurde. In Mahlows Verantwortung wurden mit Hilfe gefälschter Dokumente illegale Überproduktionen von Microsoft-Produkten hergestellt und in Umlauf gebracht. Die Quittung für Mahlow war eine Verurteilung zu sechs Jahren Haft wegen Urheberrechtsverletzungen und gewerbsmäßigen Betrugs.

Richtig war die Vermutung der „c’t“-Redakteure, dass bei Mahlow und den PC-Fritzen etwas nicht in Ordnung war. Falsch war die Annahme, SoftwareFair hätte mit Mahlow & Co. irgendetwas zu tun. Dem Artikel folgten jahrelange Ermittlungen und Hausdurchsuchungen, bei denen – auch in den Büros von SoftwareFair – alles beschlagnahmt wurde, was nach Microsoft aussah.

Während der PC-Fritze vor Gericht ging, wanderte bei den Ermittlern der „Fall SoftwareFair“ in die Schublade, nachdem sich herausstellte, dass zwischen beiden Firmen keine Verbindung bestand. Eine von der Staatsanwaltschaft im Jahr 2018 herbeigeführte Verjährungsunterbrechung streckte die maximal mögliche Verfahrensdauer von fünf auf zehn Jahre.

Im Jahr 2021 glaubte die Staatsanwaltschaft, unter vielen tausend sichergestellten Lizenzschlüsseln für Microsoft-Produkte bei uns 31 Exemplare identifiziert zu haben, die wir am europäischen Markt nicht hätten anbieten dürfen. Alle Angaben hierzu beruhten auf Hörensagen. Eine interne Überprüfung bei uns ergab, dass es sich in allen 31 Fällen um Retail und OEM-Lizenzen handelte, die am europäischen Markt erstverkauft worden waren und die nach den von BGH und EUGH in den Entscheidungen Usedsoft II und Usedsoft III entwickelten zivilrechtlichen Maßstäben durch SoftwarFair eindeutig legal gehandelt worden waren.

Im Sommer 2023 stand die Vernehmung von 34 Zeugen im Plan des für das Verfahren zuständigen Amtsgerichts Tiergarten. Tatsächlich gehört wurde davon nur ein einziger, der IT-Chef einer Schule.

Der Zeuge lobte den Kundendienst von SoftwareFair, den er 2015 in Anspruch genommen hatte, bevor er Microsoft Windows erfolgreich auf 30 Schulrechern installiert und mit bei SoftwareFair erworbenen Lizenzschlüsseln aktiviert hatte. Alle 30 Rechner bezogen so lange Updates von Microsoft und liefen problemlos, bis die Hardware ausgemustert wurde. Der Kunde war sehr zufrieden.

Mit einer solchen Aussage konnte die Staatsanwaltschaft nichts anfangen.

Der zweite Zeuge hätte der IT-Chef einer Polizeidienststelle sein sollen, der für Polizeirechner Microsoft-Lizenzen bei SoftwareFair gekauft hatte. Ihm aber verwehrte das Land Baden-Württemberg die erforderliche Aussagegenehmigung.

Auch der dritte Zeuge – von 34 – mochte sich nicht äußern. Er ist als Rechtsanwalt für Microsoft tätig und hatte von seiner Mandantschaft keine Aussagegenehmigung erhalten. Am 15. Juni 2023 telefonierte er mit dem Richter und einem Vertreter der Staatsanwaltschaft. Dabei teilte er mit, nicht nur er dürfe keine Aussage machen. Es werde vielmehr auch kein anderer Vertreter von Microsoft in dem Verfahren zur Klärung des Charakters der 31 Lizenzen in den Zeugenstand gehen.

Schön, dass man sich das in Deutschland einfach so aussuchen kann, nicht wahr?

Von Microsoft und der Polizei im Stich gelassen, beantragte die Staatsanwaltschaft unseren Freispruch. Den übrigen 31 Zeugen blieb die Ladung nach Berlin erspart.

Der Fall zeigt, wie ein einzelner irreführender, auf Spekulationen beruhender Medienbericht die Justiz mangels eigener Kompetenzen bei den zuständigen Ermittlungsbehörden neun Jahre lang beschäftigen kann. Nicht nur, aber auch mit diesem Verfahren hat das Land Berlin keinen Ruhm auf sich geladen!